8 ungewöhnliche Bräuche in Katalonien

Zuletzt aktualisiert: 25/06/2023
Alex

Bräuche in Barcelona - Die spinnen, die Katalanen

...würde Obelix sagen, und ich denke das ehrlich gesagt auch manchmal. In diesem Artikel erzähle ich euch von Bräuchen und Traditionen in Katalonien. Genauer gesagt, von den ungewöhnlichsten Bräuchen, von denen nicht alle ganz ernst genommen werden dürfen und die viel über den teilweise deftigen Humor der Katalanen aussagen.

Jahrhundertalte Traditionen wie dem tanzenden Ei und zeitgenössische Bräuche wie der Correfoq, der Feuerlauf durch die Strassen von Barcelona. Lustige Bräuche wie ein Holzscheit, der an Weihnachten Süssigkeiten scheißt, oder der Mann mit den vielen Nasen.

L'oum com balla - Die Tradition des tanzenden Ei's

An Fronleichnam strömen die Anwohner von Barcelona zu den Brunnen der Stadt, die in Patios, Klostergärten und auf öffentlichen Plätzen stehen. Die Brunnen werden zur Feier des Tages traditionell mit Blumen und Früchten geschmückt und als Krönung wird ein leergeblasenes Ei auf die Springquelle gelegt.

Ziel ist, das Ei den ganzen Tag auf dem Wasserstrahl tanzen zu lassen, ohne dass es zerbricht. Gelingt das, gilt es als gutes Omen.

Ein auf einem Wasserstrahl tanzendes Ei.
Das Tanzende Ei im Kreuzgang der Kathedrale von Barcelona- Foto von Enrique Rodríguez Castells

Wie der Brauch des auf der Springquelle tanzenden Ei entstanden ist, weiss niemand, aber die Tradition lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen.

Die religiöse Variante besagt, dass das Ei die Eucharistie symbolisiert und der Brunnen den Kelch. 

Auf der anderen Seite ist das Ei ein universelles Symbol für Fruchtbarkeit und der Brauch könnte den Ausbruch des Frühlings und des Lebens symbolisieren, obwohl der Feiertag ja eher auf Ende Frühjahr fällt.

Eine der beliebtesten Theorien vermutet, dass der Eiertanz als eine Art Zeitvertreib für die Noblesse von Barcelona diente, die (gelangweilt) auf den Beginn der religiösen Prozessionen wartete. 

Wie auch immer die Tradition entstanden ist, sie ist heute noch genauso beliebt. Unter anderem kann man den Tanz des Eis im Kreuzgang der Kathedrale von Barcelona und im Poble Espanyol miterleben.

Der Cagatió

Wer im Winter in Barcelona unterwegs ist, wird um die Weihnachszeit unvermeidlich dem Cagatió begegnen. Zuerst wird man dem sympathischen, aber unscheinbaren Holzklotz wahrscheinlich nicht viel Aufmerksamkeit schenken. Dabei gibt es den Cagatió in Katalonien länger als den Weihnachtsmann, ausserdem kann er etwas, was der Weihnachtsmann nicht kann, er scheißt nämlich Süßigkeiten.

In den Wochen vor Weihnachten wird der Cagatió von Kindern systematisch mit Obst und Snacks "gefüttert". Am Weihnachtstag schliesslich wird der kleine Kerl mit Knüppeln beklopft und mit einem Lied ermutigt (bzw. bedroht), die Gaben in Form von süßem Naschwerk wieder auszuscheißen. 

Es gibt verschiedene Versionen des Lieds, eine der bekanntesten lautet frei übersetzt (man kann das Wort scheißen auch je nach Vorliebe gegen kacken oder defäkieren ersetzen):

Scheiße Holzklotz! (Caga, tió)
Scheiße Haselnüsse und Turrón! (spanisches Gebäck aus Mandeln und Honig)
Scheiße keine Heringe,
die sind zu salzig!
Scheiße lieber Turrón!
Wenn du nicht scheißen willst,
schlage ich dich mit einem Stock,
richtig hart!

Im Gegensatz zu einer geknüppelten Piñata platzt der harte Holzstamm natürlich nicht auf, artige Kinder finden ihre Süßigkeiten unter der roten Decke, in der der Cagatió normalerweise eingewickelt ist. Für unartige Kinder kackt der Cagatió Kohle.

Baumstamm mit aufgemaltem Gesicht, gekleidet in einen roten Umhang.

Um diesen seltsamen Brauch etwas besser zu verstehen, muss man an die Zeiten vor Zentralheizung zurückdenken, als die Menschen ihre Heime noch mit Holz heizten. Holzscheite waren im Winter ein hochgeschätztes Gut und werden im Norden Spaniens bis heute teilweise vor dem Weihnachtsschmaus gesegnet. Um die Natur aus ihrem Winterschlaf zu wecken, wurde mit Stöcken auf die Holzstämme aufgeschlagen, nach dem Verbrennen wurde die Asche auf den Feldern verstreut, um ein erntereiches Jahr herbeizuführen.

Diada del Sant Jordi - Der Tag der Liebe und der Kultur

Am 23. April wird in Barcelona der Schutzpatron von Katalonien gefeiert.

Sant Jordi (Heiliger Georg auf Deutsch) war ein Ritter, der Barcelona laut Legende von einem Drachen befreite und nebenbei noch eine Prinzessin rettete, die als Snack für den Drachen vorgesehen war. Aus dem Blut des erlegten Drachen erblühten rote Rosen, von denen der galante Sant Jordi der dankbaren Prinzessin eine überreichte.

Heute schenken Männer in in Barcelona ihren Herzensdamen am Todestag des Sant Jordi eine rote Rose, weswegen der Tag des Sant Jordi auch der katalanische Valentinstag genannt wird. Im Gegenzug erhalten die Herren von Frauen ein Buch. Denn der 23.4. ist ausserdem der Todestag der literarischen Legenden William Shakespeare und Miguel de Cevantes und wurde durch eine gekonnte Marketingkampagne von Buchhändlern und Verlegern zum Tag des Buches erklärt.

Wie zu erwarten schießt am Tag des Sant Jordi der Umsatz von Buchverkäufern und Blumenhändlern in die Höhe und auf den Strassen findet man zahlreiche Stände, die Rosen und Bücher verkaufen.

Sightseeing Tipp: Die Casa Battló von Gaudí, die auch das Haus des Drachen genannt wird, ist am Ehrentag des Sant Jordi mit roten Roten geschmückt und besonders prächtig anzusehen.

Die mit roten Rosen geschmückte Casa Batlló am Tag des Sant Jordi.

Riesen und Großköpfe

Wann immer in Barcelona etwas gefeiert wird, und das geschieht sehr oft, werden die Gegants (Riesen), die Capgrossos (Riesenköpfe) und das Bestiarium auf die Strassen von Barcelona losgelassen. Das ist jetzt nicht so schlimm, wie es sich vielleicht anhört.

Die Figuren sind natürlich nur aus Pappmaché. Die überlebensgroßen, stattlichen Gegants verkörperten traditionell Könige und Adlige, mittlerweile aber auch Bürgerliche, mit traditioneller Kleidung und Berufung.

Jeder Ort, und in Barcelona sogar jeder Stadtteil, hat seine eigenen Gegants. In Barcelona zum Beispiel sind aktuell über 300 Riesen zuhause, die ältesten und bekanntesten sind das Königspaar Jaume I (Jakob I) und Violant d'Hongria (Yolanda von Ungarn).

Die "Großköpfe", die kleiner als die Riesen, aber auf keinen Fall zu verwechseln mit Zwergen sind (die gibt es nämlich auch), spielen meist nur eine untergeordnete Rolle und sorgen hauptsächlich für Ordnung während der Prozessionen der Giganten. Immer häufiger sieht man auch die überdimensionalen Köpfe bekannter (lokaler) Persönlichkeiten auf den Schultern der capgrossos.

Auch die Bestien begleiten die Gegants auf ihren Umzügen durch die Stadt, zum Beispiel der stolze Stadtadler, Fabelwesen wie Drachen und bodenständigere Nutztiere wie Ochsen und Esel.

Tanz der Teufel und Feuerlauf

Der Correfoq (Feuerlauf) ist eine interaktive Abwandlung des im Mitttelalter entstandenen Ball de Diables (Tanz der Teufel). Er verkörpert den ewigen Kampf von Gut gegen Böse, Engel gegen Dämonen und in diesem Fall, die Bevölkerung von Barcelona gegen die Diables.

Wenn die Nacht anbricht, beginnen die Banden der Diables laut knallend und zischend ihren Umzug durch die Strassen und Gassen von Barcelona's Altstadt. Über ihren Köpfen schwenken die verhüllten Gestalten funkensprühende Stöcke und lassen einen Funkenregen auf die Teilnehmer fallen.

Wer sie reizt und ihnen zu Nahe kommt, wird von den wütenden Teufeln verfolgt, aber auch unschuldige Zuschauer werden bedrängt. Drachen und andere Fabelwesen stehen mit den Teufeln im Bunde und aus ihren Mäulern eruptieren unter ohrenbetäubendem Pfeifen Funken und Qualm.

Die Silhouette eines Drachen, mit feuersprühenden Stöcken im Hintergrund.

Die Feuerläufe werden in ganz Katalonien, aber auch in Tarragona, Valencia und den Balearen, abgehalten. In Barcelona findet der grösste Correfoq während der Mercé, dem Stadtfest von Barcelona, statt.

Tipp: Wer sich ein Correfoq ansehen will, muss mit herabfallenden Funken rechnen, die Kleidung und Haare versengen und sollte sich entsprechend kleiden. Wer in erster Linie am Correfoq teilnehmen und direkt mit den Teufeln und Drachen interagieren will sollte sich zusätzlich mit Brille (zum Beispiel Taucherbrille) und Ohrstöpsel vor Feuer und Lärm schützen.

Die Caganer

In einer typischen Weihnachtskrippe geht es üblicherweise bedächtig und feierlich zu. Betrachtet man in Barcelona eine Krippe, wandern die Augen an den üblichen, heiligen Gestalten vorbei und suchen zuerst den Caganer. Er hockt immer etwas abseits vom heiligen Geschehen, oft hinter einem Busch kauernd und ist mit der Ausführung der normalsten Angelegenheit der Welt beschäftigt. Dennoch stiehlt der Baby Jesus die Show.

Denn übersetzt bedeutet Caganer Kacker und das ist genau das, was er hinter dem Busch macht.

Traditionell handelte es sich bei den Figuren mit den heruntergelassenen Hosen (plus braune Miniaturwurst) um einfache Bauern, die mit ihren Ausscheidungen den Boden düngten und so Fruchtbarkeit und Glück für's neue Jahr herbeibrachten.

Mittlerweile findet man genauso häufig Caganer mit den bekannten Gesichter von Politikern und Fussballspielern. Die kleinen Figuren haben so viel Erfolg, dass sich auch internationale Berühmtheiten unter die Armee von scheißenden Figuren mischt. Selbst als Playmobil Männchen gibt es den Caganer bereits.

Ein Caganer bei der Ausführung seines Geschäfts.

Natürlich gibt's die Caganer auch zu kaufen und in Barcelona gibt es sogar ein extra Geschäft, in dem es die kleinen Scheißerchen in allen möglichen Ausführungen gibt, die man sich vorstellen kann. So kann man sich die bestimmst ungewöhnlichste Krippe Deutschlands zusammenstellen. Oder man stellt den Caganer einfach nur auf's Klo um einem Gesellschaft zu leisten und einen daran zu erinnern, dass berühmte Persönlichkeiten auch nur Menschen sind.

Sightseeing Tipp: Um die Weihnachtszeit steht im Einkaufszentrum Maremagnum am Hafen ein 6 Meter großer Caganer, samt Haufen.

Seltener zu sehen ist der Pixaner, der pinkelnde Cousin des Caganer.

12 Weintrauben an Silvester

Wer Silvester in Barcelona feiert und nicht als Tourist entlarvt werden will, muss unbedingt Weintrauben mit sich führen. Und zwar genau zwölf Stück. Die Trauben gibt's für Obstmuffel auch abgepackt am Silvesterabend zu kaufen.

Jede Traube verkörpert einen Wunsch, also ein Wunsch für jeden Monat des neuen Jahres. Viel Zeit zum überlegen was man sich wünscht hat man aber nicht, wenn die Glocke um Mitternacht das neue Jahr einläutet, muss bei jedem Gongschlag eine Traube heruntergeschlungen werden.

Wer's vermasselt und sich an kernigen, grossen Weintrauben verschluckt, wird schwerer an der Erfüllung seiner Wünsche arbeiten müssen.

Die Traube ist übrigens traditionell eine Frucht, die mit Glück und Spiritualität in Verbindung gebracht wird. Mit Bananen wäre es auch etwas schwierig..

L'homme dels Nassos - Der Mann mit den Nasen

Der Mann mit den Nasen ist eine geheimnisvolle und evasive Gestalt, die nach Hörensagen nur am 31. Dezember in Barcelona unterwegs ist und so viele Nasen hat, wie es Tage im Jahr gibt. So wird es zumindest den faszinierten Kindern erzählt, die daraufhin aufgeregt nach dem verunstalteten, vielnäsigem Mann Ausschau halten.

Der sollte ja eigentlich leicht zu finden sein, doch die meisten Kinder (und ihr vielleicht auch) vergessen dabei, dass es sich um den letzten Tag im Jahr handelt und der Mann mit den Nasen jeder beliebige Mann sein könnte!

Dieser Trick funktioniert in der Regel natürlich nur einmal. Besonders leichtgläubigen Kindern kann man im Folgejahr noch vom L'homme de les orelles - dem Mann mit den Ohren erzählen, der am 30. Dezember unterwegs ist.

Geschrieben von Alex

Als ich vor 15 Jahren das erste Mal nach Barcelona kam, habe ich mich sofort in diese wunderschöne Stadt verliebt, also bin ich direkt hiergeblieben und mittlerweile ist Barcelona zu meiner Heimat geworden. In diesem Blog will ich euch "meine" Stadt vorstellen und euch zeigen, was Barcelona so besonders macht.

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