Die Torre Bellesguard in Barcelona beherbergte im Mittelalter einen katalanischen König und den notorischsten Räuber Spaniens - wenn auch nicht zur selben Zeit.
Als Antoni Gaudí einige Jahrhunderte später im Auftrag von Jaume Figueras ein Sommerhaus an der selben Stelle baute, erschuf er inspiriert von der Geschichte der Torre Bellesguard eine Hommage an die mittelalterliche Pracht Kataloniens.
Die Torre Bellesguard liegt im Norden von Barcelona, etwas abseits der vom Massentourismus getrampelten Pfade. Wer also keine Lust auf Schlange stehen vor den Gaudí-Häusern in der Innenstadt hat, kann sich mit der Torre Bellesguard ein Gebäude im typischen naturalistischen Baustil von Antoni Gaudí ansehen.
Psst - Die Torre Bellesguard verbirgt einige gut gehütete Geheimnisse, die selbst vielen Barcelonesen nicht bekannt sind, unter anderem einen Drachen, ein weihnachtliches Lichterspiel und ein Viadukt.
Hinweis: Wenn du deine Tickets über einen der Links in diesem Artikel buchst, erhalte ich vom Anbieter eine Provision. Für dich verändert sich der Preis nicht. So hilfst du mir, diesen Blog aktuell zu halten.
Carrer Bellesguard 20, 08022 Barcelona
Av. Tibidabo L7 , weiter mit Bus Linie 196
Hop On Hop Off Bus Station Tibidabo, weiter mit Linienbus 196
Wie kommt man zur Torre Bellesguard?
Die Torre Bellesguard liegt in Sarría-Sant Gervasi, einer ruhigen und exklusiven Wohngegend am Fuß des Naturparks Collserola. Sie ist eine der wenigen Sehenswürdigkeiten in Barcelona, die nicht direkt mit der Metro oder zu Fuß zu erreichen ist, weshalb sie nicht so gut besucht beziehungsweise nicht so überfüllt ist wie andere Bauten von Gaudí.
Dank Google Maps und dem gut ausgebauten Verkehrsnetz von Barcelona ist die Torre Bellesguard trotz allem recht unkompliziert zu erreichen.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Torre Bellesguard
Mit der L7 der FGC (Ferrocarrils de Catalunya) ab Plaça Catalunya bis Av. Tibidabo.
Weiter mit dem Bus der Linie 196 bis Bellesguard - Josep Canaleta (9 Stationen).
Die Station für den Ausstieg auf der Rückfahrt ist Av Tibidabo - Pg Sant Gervasi (5 Stationen).
Der Bus fährt c.a. alle 15 Minuten. Alternativ kann man auch 15 Minuten zu Fuß zur Torre Bellesguard gehen, der Weg führ teilweise leicht bergauf.
Mit dem Hop-On-Hop-Off Bus zur Torre Bellesguard
Auch die Hop-On-Hop-Off Busse halten nicht direkt vor der Torre Bellesguard. Mehr Info über die praktischen Sightseeing Busse könnt ihr auf diesem Blog nachlesen.
Bus Turístic: Blaue Rute, Station Tibidabo
Barcelona City Tour: Ost-Route, Haltestelle Tibidabo
Weiter zu Fuß oder mit Bus 196, siehe auch öffentliche Verkehrsmittel.
Öffnungszeiten der Torre Bellesguard
Dienstag - Sonntag 10 - 15 Uhr (letzter Eintritt 14:00 Uhr)
Geschlossen: Montags, außer an Feiertagen
01.01. + 06.01. und 25.12. + 26.12.

Wegen der vielen Treppen ist das Innere der Torre Bellesguard nur beschränkt zugänglich für Rollstuhlfahrer.
Ticketpreise Torre Bellesguard
Selbstgeführte Tour mit Audioführer
Erwachsene: 12 €
Jugendliche unter 18 Jahre: 8 €
Kinder unter 8 Jahren: Eintritt frei
Rentner und Personen ab 65 Jahren: 8 €
Die über den obigen Link gekauften Tickets können bis kurz vor Besichtigung kostenfrei storniert und umgebucht werden. Die Tickets sind in diesem Fall sogar günstiger als über die offizielle Webseite der Torre Bellesguard, wo zusätzliche Bearbeitungsgebühren anfallen.
Im Ticketpreis der Torre Bellesguard ist ein Audio-Führer beinhaltet, den man am Eingang erhält. Es kann zwischen Katalanisch, Spanisch, Englisch, Französisch, Russisch und Italienisch gewählt werden, auf Deutsch ist der Audio-Führer leider nicht erhältlich.
Kopfhörer müssen selbst mitgebracht werden (der 3,5 mm Stecker der iPhone Kopfhörer hilft hier wenig).
Der Eintrittspreis beinhaltet die Besichtigung der Torre Bellesguar von innen, sowie den großen Garten und die ehemaligen Wehrtürme.
In den Innenbereich wird man vom Personal des Turms begleitet, die in regelmäßigen Abständen eine Gruppe von Besuchern aufnehmen.

Geführte Besichtigung
- Erwachsene: 20 €
- Jugendliche unter 18 Jahre: 15 €
- Kinder unter 8 Jahren: Eintritt frei
- Rentner und Personen ab 65 Jahren: 15 €
Die geführten Besichtigungen der Casa Bellesguard finden auf Englisch, Katalanisch und Spanisch statt.
Geführte Touren auf Englisch:
Donnerstag - Sonntag um 11 Uhr
Geführte Touren auf Spanisch:
Donnerstag - Samstag um 12 Uhr
Sonntags um 13:15 Uhr
Geführte Touren auf Katalanisch:
Donnerstags - Samstags um 13:15 Uhr
Sonntags um 12 Uhr
Die Dauer der Führung beträgt c.a. 40 Minuten.
Im Anschluss erfahrt ihr ein bisschen über die Geschichte und die Architektur der Torre Bellesguard. Alternativ könnt ihr auch direkt zu dem Teil springen, wo ich meine Erfahrungen der Besichtigung schildere.
Berühmte Bewohner der Torre Bellesguard
Die Torre Bellesguard wurde im 15. Jahrhundert von König Martin I erbaut, der die Burg nur knapp ein Jahr lang bis zu seinem Tod bewohnte.
Im Laufe ihrer langen Geschichte fiel der Turm in verschiedene Hände und diente unter anderem als Zufluchtsort für Könige, Päpste und Waisenkinder. Über die Jahrhunderte wurde die Torre Bellesguard fast vollständig zerstört und stand viele Jahre leer.
Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete der stadtbekannte Architekt Antoni Gaudí auf dem Grundstück ein Sommerhaus für die Familie Figueras. Damals war es üblich, die Häuser nach ihren Besitzern zu benennen, weshalb der offizielle Name der Torre Bellesguard auch eine Zeit lang Casa Figueras lautete.
Die Torre Bellesguard im Mittelalter - Königssitz und Räubernest
Die Torre Bellesguard wurde 1409 auf Befehl von König Martín I (aka Martin der Humane) gebaut, der unter der Krone von Aragonien als Graf von Barcelona regierte.
Der kränkliche und in die Jahre gekommene Monarch suchte Zuflucht vom (auch damals schon) hektischen Treiben in Barcelona und entschied sich als Standort für seinen neuen Palast für die Gemeinde Sant Gervasi, die noch nahe genug an Barcelona lag, falls königliche Pflichten ihn an den Hof rufen sollten.
Für seine Zwecke kaufte er ein Grundstück mit einer bereits bestehenden Finca, die er in einen königlichen Palast und in eine Sommerresidenz für Könige und Grafen umwandeln ließ.
Angetan von der herrlichen Aussicht über die Ebene von Barcelona gab Martin I der Burg ihren Namen: Bell Esguard, was "Schöner Blick" bedeutet. Der Palast selbst wurde schnell als Domus pulchri aspectus bekannt, frei übersetzt das schöne Haus.

Ob der Monarch die schöne Aussicht wirklich genießen konnte ist zweifelhaft - kurz nach Antritt seiner Residenz in der Torre Bellesguard erfuhr er vom Tod seines Sohnes und einzigen Erben. Nur wenige Monate später verstarb Martin I selbst unter ungeklärten Umständen, auf halbem Weg zwischen der Torre Bellesguard und Barcelona.
Ohne Thronfolger war Martin I der Letzte einer Reihe katalanischer Könige und es folgten zwei turbulente Jahre, bis eine spanische Dynastie von Königen Einzug an Barcelonas Hof hielt. Die Torre Bellesguard stand lange Zeit unbewohnt und verfiel.
Es wird gemunkelt, dass der berühmt- berüchtigte Bandit Joan Serrallonga die Ruinen der Torre Bellesguard als Räuberhöhle und Versteck nutzte. Das Image des notorischen Banditen aus Girona, der sein Unwesen hauptsächlich in den Hügeln der Sierra de las Guillerías trieb, wurde über die Jahrhunderte romantisiert und Serrallonga als spanischer Robin Hood glorifiziert.

Nachdem Serrallonga 1934 erwischt und in Barcelona gehängt wurde, wurde sein Körper als Abschreckung für andere Banditen zerstückelt und an den verschiedenen Orten verteilt, die er zu Lebzeiten aufgesucht hatte. Der Legende nach gelangte so ein Stückchen von Serrallonga zurück in die Torre Bellesguard und wurde dort eingemauert.
Die Torre Bellesguard (Casa Figueras) in der Neuzeit
Jaume Figueras und Antoni Gaudí träumten schon längere Zeit von der Restaurierung der Torre Bellesguard. Die Freunde teilten ihren Nationalstolz für Katalonien und obwohl von dem gotischen Palast nur noch Ruinen übrig blieben, waren sie vom symbolischen Wert des Anwesens fasziniert, das einst den letzten katalanischen König beherbergte.
Als Kenner vergangener Architekturstile, insbesondere der katalanischen Gotik, juckte es Gaudí in den Fingern, auf dem Anwesen eine Hommage an die mittelalterliche Pracht Kataloniens zu erschaffen. Figueras, dessen Familie unter anderem mit Suppennudeln zu Geld gekommen war, stellte sich an diesem prestigeträchtigen Ort sein Herrenhaus vor, starb aber einige Jahre vor Projektbeginn.
1900 kaufte Figueras Witwe Maria Sagués das Grundstück von den Testamentsvollstreckern des Vorbesitzers Juan Bautista Grau, dem Bischof von Astorga. Auch der Bischof war ein guter Freund Gaudís, der zwischen den Parteien vermittelte. Nachdem auch Maria Sagués verstarb, ging das Grundstück in den Besitz der Söhne über.
Gaudï stellte das Projekt 1909 aus verschiedenen Gründen ein und erst 1916 wurde die Torre Bellesguard von Gaudís Azubi Domenèch Sugrañes fertiggestellt, der vor allem für die Dekoration im Haus und im Garten verantwortlich war.

1929 wurde die Torre Belleguard aus finanziellen Gründen versteigert und ging in den Besitz von Francisco Soler über. Soler scheint selbst nie in der Torre Belleguard gewohnt zu haben, die von Gaudí entworfenen Originalmöbel ließ er in seine Hauptvilla überführen.
Während des Zivilkriegs und Anfang des zweiten Weltkriegs diente die Torre Bellesguard als Waisenhaus, bis sie 1940 schließlich in den Besitz der Familie Guilero überging, unter deren Leitung die Torre Bellesguard viele Jahre als Entbindungsklinik und ab 1970 ausschließlich als Wohnsitz der Familie genutzt wurde.
Um die laufenden Kosten der Instandhaltung der Torre Bellesguard zu tragen, wurde das Haus für Touristen zugänglich gemacht. Schließlich konnten die Kosten nicht mehr privat getragen werden und 2018 kaufte die Versicherungsfirma Catalana Occidente die Torre Bellesguard zu einer Summe von über 33 Millionen Euro seinen Vorbesitzern ab.
Architektur der Torre Bellesguard
Inspiriert von der langen und bewegten Geschichte der Torre Bellesguard, schuf Gaudí eine mittelalterliche Burg im gotischen Stil, geprägt von modernistischen Elementen. Wie man das von Gaudí gewohnt ist, arbeitete der Architekt mit viel Liebe zum Detail und verstecktem Symbolismus, der von vergangenen Ereignissen und den ehemaligen Bewohnern der Burg erzählt.
Die Bauarbeiten begannen 1900 und umfassten außer der Restaurierung der Burg auch die Rekonstruktion der Mauern, die das Anwesen umgeben. Zwei erhaltenen Wehrtürme integrierte Gaudí in den Garten als Eingangstor, das erklommen werden kann und gleichzeitig als Aussichtspunkt dient.
Gaudí strebte bei seinem Schaffen immer nach dem Einklang mit der Natur und auch beim Bau der Torre Bellesguard verwendete er die natürlichen Ressourcen aus der Umgebung, mit dem Ziel, die Burg in die Landschaft einzufügen.
Die Fassade aus mehrfarbigem Schieferstein schmiegt sich wie eine schuppige Haut an das Gebäude und je nach Wetter und Jahreszeit lässt sie das Haus buchstäblich in anderem Licht erscheinen.
Mit nur wenigen gotischen Elementen, wie den schmalen Fenstern, Zinnen und der in den Himmel strebenden Turmspitze, gewinnt das relativ niedrige Gebäude an Höhe und Eleganz. Die geraden, strengen Linien der Burg, die er bei seinen anderen Werken mied, versuchte Gaudí mit Steinmosaiken an Fenstern und Türen aufzulockern.
Die Turmspitze gipfelt in einem vierarmigen Kreuz, wieder ein typisches Bauelement Gaudís, das man auch in vielen seiner anderen Werke findet. Das Kreuz endet im unteren Teil in einer Krone und erinnert an die historische Vergangenheit der Torre Bellesguard.

Besichtigung der Torre Bellesguard
Die Besichtigung der Torre Bellesguard umfasst den Turm und den umliegenden, von Gaudí restaurierten mittelalterlichen Komplex, wo sogar noch Reste der ursprünglichen Anlage enthalten sind.
An einem kleinen Häuschen im Inneren des Grundstücks kann das Online Ticket auf dem Handy vorgezeigt werden und man erhält einen Audioführer, der die Größe eines Smartphones hat und den man sich um den Hals hängen kann. Kopfhörer müssen selbst mitgebracht werden, es geht zwar auch ohne, aber die Lautstärke ist ziemlich niedrig und man muss sich das Gerät direkt ans Ohr halten.
Außerdem erhält man einen Plan des Grundstücks und wird über den Ablauf der Besichtigung informiert.
Der Turm selbst kann nur in Begleitung des Personals betreten werden und man bekommt ein Zeitfenster, zu dem man sich am Eingang des Turms einzufinden hat (in unserem Fall 15 Minuten nach Besichtigungsbeginn).
Nach Besichtigung des Inneren der Torre Bellesguard kann man noch solange im Garten verweilen, wie man will.
Wir haben die selbstgeführte Audio-Tour mitgemacht, eine geführte Besichtigung läuft natürlich etwas anders ab.
Der Garten
Die Besichtigung der Torre Bellesguard beginnt im großen Garten des Anwesens.
Gleich nach Betreten des Geländes befinden sich auf der linken Seite die Reste der Wehrtürme, wo Gaudí einen rechteckigen Raum mit Treppen schuf, die nach oben zu den Zinnen führen, von wo man den ersten, beeindruckenden Blick auf die Torre Bellesguard werfen kann.

Als Martin I die gekaufte Finca in seinen Palast umgestalten ließ, lag ihm der Garten ganz besonders am Herzen und das erste, was der Monarch anforderte, waren Samen für verschiedene Obstbäume sowie Sklaven mit landwirtschaftlicher Erfahrung.
Auch die spätere Besitzerin Maria Saguès hatte ein Herz für Bäume (und Süßes) und ließ Obstbäume für Marmelade und Honig pflanzen sowie Rosskastanien, Weiden, Lorbeerbäume, Linden und Palmen.
Im Garten befinden sich auch die Toiletten.
Im Inneren der Torre Bellesguard
Das Innere der Torre Bellesguard kann nur in Begleitung eines Mitarbeiters betreten werden, die die kleinen Gruppen aufnehmen (wir waren nur zu viert) und sich dann diskret zurückziehen, mit dem Hinweis, dass man bei Fragen jederzeit an sie herantreten kann.
Durch die schmiedeeiserne Tür der mittelalterlichen Burg tritt man ins Innere und findet sich in einem eleganten und lichtdurchfluteten Raum wieder - stärker könnte der Kontrast kaum sein. Aber auch das kennen viele bereits von Gaudí, das gleiche Erlebnis hat man, wenn man das erste Mal die Sagrada Familia betritt.
Im Inneren der Torre Bellesguard genoss Gaudí völlige Ausdrucksfreiheit - die geraden Linien der gotischen Burg verschwinden und es übernimmt der modernistische Stil mit seinen abgerundeten, wellenförmigen Formen.
Gaudí verzichtete im Inneren weitgehend auf Farben und Ornamente und die weiß gekachelten Wände und Decken im Mudejar Stil bringen das intensiv einfallende Tageslicht besonders zur Geltung. Alle Fenster sind nach der Bewegung der Sonne ausgerichtet, um eine natürliche Beleuchtung zu gewährleisten. Hauptquelle des Lichts ist ein großes Fenster mit einer dreidimensionalen, farbigen Rosette, die einen achtzackigen Stern symbolisiert und den schönen Namen "Der Stern der Venus" trägt.
Fällt das Sonnenlicht nachmittags zu einer bestimmten Uhrzeit zu einem bestimmten Winkel durch die Rosette, zeichnet sich ein Lichteffekt auf der gegenüberliegenden Wand ab (diesen Effekt kann ich leider nicht bestätigen, da Nachmittags keine Besichtigungen stattfinden). Das Farbspiel ist am 1. Weihnachtstag am 25. Dezember zwischen 16 und 17 Uhr am ausgeprägtesten (Gaudí war streng gläubig).

Der Turm endet in einem Gewölbe unter der Turmspitze, das an ein Spinnennetz erinnert und von dem eine schmiedeeiserne Hängelampe pendelt.
Über die Treppe gelangt man in die verschiedenen Stockwerke der Torre Bellesguard, von denen jedes einen Wohnbereich beherbergte. Das Untergeschoss und Teile des Erdgeschoss standen dem Servicepersonal zur Verfügung. Im Hauptgeschoss lagen die Wohn- und Esszimmer, die auch zum Empfang von Gästen dienten und im Obergeschoss waren die Schlafzimmer und privaten Räume der Bewohner untergebracht.
Fast alle Türen sind während der Besichtigung verschlossen und die dahinter liegenden Räume können (noch) nicht betreten werden. Bei der normalen Besichtigung sind der Turm, das Dachgeschoss und das Dach begehbar.

Unter der Turmspitze gelangt man in ein helles, unmöbliertes Zimmer, das auf einen Balkon hinausführt, von dem man schwindelerregende Blicke auf den Garten hat. Während unseres Besuchs war dies das einzige Zimmer, das für die Besichtigung geöffnet war.
Beim Anblick des Dachgeschosses wird es spannend und wer schon andere Werke von Gaudí besucht hat, ahnt, dass das Beste noch bevorsteht.
Das Dachgeschoss besteht aus zwei Stockwerken und bildet eine Art thermische Schutzhaube zwischen dem Dach und den Wohnräumen, wie man das auch von der Pedrera kennt.
Ein Teil des Dachgeschosses wurde vom Dienstpersonal als Waschküche genutzt, der heute zugängliche Teil sollte aufgrund der hervorragenden Akustik als Musikzimmer dienen, wurde aber nie fertiggestellt, was uns heute einen Einblick in die Struktur aus Ziegel erlaubt.

Parabelbögen aus Ziegelstein stützen das darüberliegende Dach und erinnern an eine umgekehrte Krone und an den Monarchen, der hier einst lebte. Über eine letzte Treppe geht es hinauf aufs Dach.
Ein verborgener Drache auf dem Dach
Bei allen Häusern, die Gaudí schuf, zählen die Dächer zu den Highlights der Besichtigungen, denen er dieselbe Aufmerksamkeit schenkte wie dem Rest der Gebäude.

Das Dach der Torre Bellesguard macht hier keine Ausnahme: es ist nicht so breit wie die skurrile Dachterrasse der Pedrera, dafür führt es über mehrere enge Treppen in die Höhe und endet auf einem zinnenartigen Aussichtsturm.
Geht man an der Zinnenbrüstung am unteren Bereich der Terrasse entlang, merkt man zunächst nicht, dass man dabei beobachtet wird. Erst wenn man sich in die richtige Ecke stellt, blickt man dem Drachen, der sich auf dem Dach versteckt, direkt in die Augen und in die aufgeblähten Nüstern.

Schaut man sich nun das obere Foto der Aussichtsplattform nochmal an, fällt es einem buchstäblich wie Schuppen von den Augen und man entdeckt in den Zinnen den Rücken des Drachen samt nach oben ragendem Schwanz mit Pfeilspitze.
Der Drache ist ein immer wiederkehrendes Symbol in Gaudís Werken, das bekannteste Beispiel ist die Drachenterrasse der Casa Batlló, an der er zur selben Zeit arbeitete.
Schon im Mitteljahr beflügelte die feuerspeiende Echse die Phantasie der Menschen und es war kein anderer als Pedro IV, der Vater und Vorgänger von Martin I, der den Drachentöter Sankt Georg offiziell zum Schutzheiligen von Aragón erklärte (und somit auch zum Schutzheiligen von Katalonien und Barcelona)
Der Drache taucht in der Torre Bellesguard und im Garten mehrmals auf, aber nicht mehr so groß (und doch so unsichtbar) wie auf dem Dach.

Natürlich hat man vom Dach der Torre Bellesguard einen der besten Panoramablicke über Barcelona: vom Tibidabo im Norden bis zum Mittelmeer im Süden bietet sich eine schöne Rundumsicht.
Man kann sich gut vorstellen, wie einst Martin I von der Burg auf das Meer blickte und so vom Tod seines einzigen Sohnes erfuhr: die von einer Schlacht auf Sardinien zurückkehrende Flotte gleitete mit gehissten weißen Segeln in Barcelona ein und die im Mittelalter als Unglücksfarbe angesehene Farbe ließ Böses ahnen.
Martin Jr starb übrigens nicht in der Schlacht, die siegreich für die Katalanen ausging, sondern an Malaria.
Die Szene wurde im Mosaik auf einer der Bänke vor dem Turm verewigt - es zeigt eines der Schiffe mit weißen Segeln vor der untergehenden Sonne, denn mit dem Tod des Thronfolgers starb die Dynastie der katalanischen Könige aus und eine neue Ära stand bevor.

Der versteckte Viadukt
Als Maria Sagués das Grundstück 1900 erwarb, verlief ein öffentlicher Weg durch die Burgruinen vom Dorf zum Friedhof. Gaudí beschloss, den Weg außerhalb der Mauern umzuleiten, an einem Wildbach vorbei. Um das starke Gefälle entlang des bei Regenfällen reißenden Bachs auszugleichen, baute Gaudí ein Viadukt, dessen Pfeiler das Gewicht des darüber verlaufenden Wegs trugen.
Der Viadukt wurde 1908 nach Fertigstellung des Turms erbaut und mit Steinen der Umgebung verkleidet, in Harmonie mit der umliegenden Natur.
Der restaurierte Viadukt, den man heute sieht, ist etwas kleiner als das Original und gibt einen Vorgeschmack auf den berühmten Viadukt der Waschweiber im Park Güell.

Der Viadukt liegt direkt vor dem Eingang der Torre Bellesguard - allerdings eine Ebene tiefer. Wir haben buchstäblich darüber geparkt und erst nach unserem Besuch von seiner Existenz erfahren.
Lohnt sich ein Besuch der Torre Bellesguard?
Die Torre Bellesguard ist ein einmaliges Bauwerk in Barcelona - von außen eine mittelalterliche Burg, die eine jahrhundertealte Vergangenheit symbolisiert und von innen ein Musterbeispiel des katalanischen Jugendstils. Für Gaudí, ein Experte der katalanischen Geschichte und vergangener Baustile, ein Herzensprojekt, in das er seine ganze Kreativität fließen ließ.
Trotzdem ist die Torre Bellesguard eines der unbekannteren Werke von Antoni Gaudí, was hauptsächlich daran liegt, dass sie etwas abseits vom Zentrum und von anderen bekannten Sehenswürdigkeiten liegt. Dennoch lohnt sich ein Besuch der Torre Bellesguard für alle, die etwas Zeit mit nach Barcelona bringen und dem hektischen Stadtzentrum entfliehen möchten.
Wer nur kurze Zeit in Barcelona ist und so viele Sehenswürdigkeiten wie möglich besichtigen möchte, wird wahrscheinlich einen Besuch der Casa Batlló oder der Casa Milà im Zentrum von Barcelona bevorzugen.
Für mich ist die Torre Bellesguard eines der schönsten Werke von Gaudí und wenn ich mir ein Gaudí-Haus aussuchen könnte, um dort zu wohnen, wäre das sicherlich die Torre Bellesguard, die genau die Richtige Mischung aus Geschichte, Natur und Wohnkomfort mit sich bringt.
Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Torre Bellesguard
Wer sich für Wissenschaft interessiert, kann nach der Besichtigung der Torre Bellesguard noch einen Museumsbesuch dranhängen. Im interaktiven Wissenschaftsmuseum CosmoCaixa werden Erwachsene und Kinder auf anschauliche Weise über verschiedene Aspekte der Natur belehrt.
Zu Fuß braucht man zum Museum entlang der Carrer d'Isaac Newton, die parallel zur Ronda de Dalt, einer der großen Ringstraßen von Barcelona verläuft, ungefähr 10 Minuten. Alternativ halten an der Station Bellesguard an der Ronda de Dalt die Busse der Linien 196 und H2, die einen in c.a. 2 Minuten bis vor die Eingangstür des CosmoCaixa befördern (Haltestelle Ausstieg: Císter).
Ab der Torre Bellesguard sind es c.a. 20 Minuten zu Fuß bis zur Standseilbahn Cuca de Llum, die auf den Tibidabo führt (ab dem CosmoCaixa Museum geht man c.a. 7 Minuten). Der Weg führt wieder entlang der Ronda de Dalt, bis zum Museum kann auch der Bus genommen werden.
Im Anschluss hinterlasse ich euch noch ein kurzes Video über meinen Besuch in der Torre Bellesguard.